Hartmut Freund schreibt in Australien Sportgeschichte

Mit einer ausgeglichenen Bilanz ist Hartmut Freund vom TTC Bietigheim-Bissingen von den Weltspielen („Global Games“) für Leistungssportler mit intellektueller Behinderung in Australien zurückgekehrt. Der Schwabe, der erneut in der gleichen Startklasse antreten musste wie Spieler, die nur eine leichte Lernschwäche aufweisen, schaffte es in der Chandler Arena von Brisbane zwar nicht in die Finalrunde, stellte mit je zwei gewonnenen und verlorenen Einzeln aber auch gegen weitaus leichter behinderte Gegner seine internationale Konkurrenzfähigkeit unter Beweis. Der Deutsche Behindertensportverband hatte im Vorfeld der Weltspiele gegenüber der Presse die Auffassung geäußert, dass Freund „nicht international konkurrenzfähig“ sei und damit begründet, dass er den Bietigheimer zwar als einzigen deutschen Sportler in zehn Sportarten für die Global Games des Weltverbands INAS meldete, ihn aber finanziell nicht unterstützte.

Darauf gab Freund, der einen Behinderungsgrad von 100 Prozent hat, nun eine sportliche Antwort: Siegen gegen Angelo Suquillo aus Ecuador (11:8, 7:11, 13:11, 12:14, 11:8) und Suhwan Choi aus Korea (11:5, 11:4, 11:4) standen Niederlagen gegen den Japaner Koya Kato (3:11, 2:11, 8:11) und King Shing Yuen aus Hongkong (17:19, 6:11, 12:14) gegenüber. Hätte er gegen Yuen nicht acht Satzbälle vergeben, wäre sogar der Einzug in die Endrunde drin gewesen. Die beiden einzigen weiteren Spieler mit einer schwereren Behinderung, Michael Drozdowski (Kanada) und Alfie Linn (Neuseeland), konnten indes kein Match gewinnen. Damit untermauerte Freund seinen Nimbus als weltbester Tischtennis-Sportler mit einer schwereren geistigen Behinderung. Zwar gab es in Brisbane auch ein Turnier für „schwerer behinderte“ Athleten, doch durften dabei nur fünf Herren mit Down-Syndrom antreten, deren Spielniveau viel niedriger war als das des Bietigheimers.
Im Sport der intellektuell behinderten Athleten gibt es zwei Weltverbände, die jeweils alle vier Jahre ihre Weltspiele austragen: Während bei den Special Olympics mehr Athleten mit einer geistigen Behinderung wie Freund dabei sind, überwiegen bei INAS lernbehinderte Sportler, die oft einen Führerschein haben und Fremdsprachen sprechen. Freund schrieb jetzt Sportgeschichte, indem er als weltweit einziger Tischtennis-Spieler in diesem Jahr sowohl an den World Games der Special Olympics als auch an den Global Games von INAS teilnahm. Bei den World Games in Abu Dhabi, zu denen er von Special Olympics Deutschland entsandt wurde, hatte Freund im März im Einzel und im Doppel Silber in der stärksten Leistungsklasse geholt.
Der Deutsche Behindertensportverband, der vor allem körperbehinderte Athleten organisiert, aber auch nationaler Mitgliedsverband von INAS in Deutschland ist, meldete den Schwaben nun zwar als einzigen Athleten in zehn Sportarten für die Global Games, beteiligte sich aber nicht an dessen Teilnahmekosten. Daher konnte Freund nur dank einer von Tischtennis-Superstar Dimitrij Ovtcharov unterstützten Spendenkampagne sowie einer Förderung durch die Stadt Bietigheim-Bissingen bei den Weltspielen starten. Insgesamt nahmen knapp 1000 Athleten daran teil, darunter rund 90 Tischtennis-Spieler – so viel wie noch nie bei den Global Games. Erstmals waren auch Spieler aus dem Tischtennis-Mutterland, der Volksrepublik China, dabei. Ebenfalls zum ersten Mal richteten der Weltverband INAS und der Tischtennis-Weltverband ITTF den Tischtennis-Wettkampf der Global Games gemeinsam aus. Prominentester Gast bei der Eröffnungsfeier in der City Hall von Brisbane war der Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), Andrew Parsons.

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