Annett Kaufmann führt Deutschland ins Olympia-Halbfinale

Vor 14 Jahren begann die Reise von Annett Kaufmann in der Untermberger Sporthalle. Am gestrigen Mittwoch erlebte die Karriere der Bietigheimerin einen vorläufigen neuen Höhepunkt. Mit zwei Einzelsiege führte Kaufmann die Deutsche Damennationalmannschaft gegen Indien in das Halbfinale des olympischen Mannschaftswettbewerbes. „Wir sind sehr stolz auf die Leistungen und das tolle Auftreten von Annett in Paris“ freut sich TTC-Vorsitzender Matthias Grünenwald.
2010 war es, als Annett ihre ersten Tischtennis-Schritte in der kleinen Untermberger Halle unternahm. Im Windschatten von ihrer vier Jahre älteren Schwester Alexandra stand sie im Alter von vier Jahren erstmals am Tisch. „Es war damals alles nur auf Spaß und Spiel ausgelegt – aber ihr Talent hat jeder direkt gesehen“ erinnert sich Florian Grünenwald zurück. „Ich war mir dabei aber auch sicher, dass es nicht nur Talent ist, sondern es auch der Beginn einer ganz großen Karriere sein wird“ so der langjährige Trainer von Annett. Es folgten erste Siege in der Bambinrunde des Tischtennisbezirks Ludwigsburg, ein erster Titel bei den Jugend-Bezirksmeisterschaften. Alles lief wie am Schnürchen. Mit sieben Jahren wurde die Baden-Württembergische U11 Rangliste gewonnen, danach ging es zu ersten Stützpunkt-Lehrgängen. Bald darauf gab sie dann ihr Debüt im TTVWH-Dress – in der Landesauswahl des damaligen Tischtennisverbandes Württemberg-Hohenzollern. Aber all dies fiel nicht vom Himmel. Es wurde hart gearbeitet – täglich wurde trainiert. Meistens unter TTC-Jugendtrainer Florian Grünenwald mit Unterstützung von Momcilo Bojic und Markus Schönberger. Auch in den Sommerferien gab es kaum Pausen. „Oft war ich mit Annett und Alexandra alleine in der Halle und haben Extraschichten geschoben“ erinnert sich Florian Grünenwald zurück.
Im Alter von neun Jahren stand Annett dann erstmals in einem Damenspiel an den Tischen. Anfang Oktober 2015 in Oberderdingen mit der Damen III des TTC. Ein schwer umkämpfter 8:6 Sieg in der Bezirksklasse – bei dem Annet natürlich ungeschlagen blieb. Von da an ging es über die Damen II des TTC in die Damen I bis in die 3. Bundesliga. Dort schaffte man am letzten Spieltag der Saison 2017/2018 den Klassenerhalt durch einen 6:4 Heimsieg gegen Neckarsulm und das trotz zwei Einzelniederlagen von Annett. Zudem wurde man 2018 noch Deutscher Mannschaftsmeister bei den Mädchen U19. Im Einzelsport folgte wenig später der Titel bei den Euro-Minichamps. Der bis dahin größte Einzeltitel für die damals 12-Jährige.
Leider folgte danach der Bruch zwischen den Eltern der Kaufmann-Schwestern und dem TTC. „Das war natürlich ein Schock zur damaligen Zeit. Alles im TTC war auf einen weiteren Aufbau von Annett und auch Alexandra ausgelegt. Sie waren unsere absolute Priorität“ erinnert sich Markus Schönberger zurück. So endeten acht Jahre intensivster Arbeit abrupt – nicht jedoch die Zuneigung des TTC zu seinem Aushängeschild. „Wir verfolgen nach wie vor jedes Turnier von ihr. Toll dass sie auch nach der TTC-Zeit diese Entwicklung genommen hat“ zeigt sich Matthias Grünenwald glücklich. „Flo hatte es – ich glaube beim TTC-Saisonabschlussfest 2012 – schon vorhergesagt, dass sie es zu Olympia schaffen wird. Er war sich nur nicht sicher ob 2024 oder 2028. Nun ist es 2024 in Paris geworden. Schön, dass er recht behalten hat“ so nochmals Markus Schönberger.
