Unverhoffter Medaillenregen für Hartmut Freund
Der geistig behinderte TTC-Spieler Hartmut Freund hat bei den nationalen Titelkämpfen des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) in Zella-Mehlis (Thüringen) und Düsseldorf mächtig abgesahnt. Insgesamt errang der Bietigheimer, der im Behindertensport für den BSV Walldorf antritt, zweimal Silber und einmal Bronze.
Bei der Deutschen Meisterschaft der Senioren (Ü 39) in Zella-Mehlis zog der 54-Jährige nach Siegen gegen weitaus stärker eingeschätzte körperbehinderte Gegner zum ersten Mal in seiner sportlichen Laufbahn ins Einzel-Finale dieser Titelkämpfe ein. Anders als bei den Special Olympics muss der Bietigheimer in Senioren-Wettbewerben des DBS mangels ernst zu nehmender Konkurrenz unter den Athleten mit geistiger Behinderung immer in der Wettkampfklasse AB („Allgemeine Behinderung“) gegen ausschließlich körperbehinderte Sportler antreten. Und zwar stets gegen jene mit dem leichtesten Handicap – ohne eine Beeinträchtigung der Gliedmaßen -, die damit auch am spielstärksten sind.
Dabei hatte Freund nach einer Auftaktniederlage in fünf Sätzen (9:11, 11:7, 11:3, 9:11 und 10:12) gegen den Saarländer Thomas Scherer (QTTR 1524) in seiner Vorrundengruppe schon kurz vor dem Ausscheiden gestanden. Es folgte ein fulminanter Sieg in vier Sätzen (11:6, 5:11, 11:4, 11:4) gegen den ehemaligen Deutschen Vizemeister der Senioren in der Klasse AB, Marco Mlynarz (QTTR 1588) aus Hessen. Im späteren Halbfinale wartete mit dem amtierenden Deutschen Vizemeister der Aktiven in dieser Startklasse, René Graumann (QTTR 1645), erneut eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Dabei machte Freund jedoch seinem Ruf als Favoritenschreck einmal mehr alle Ehre und bezwang den Rostocker 3:0 ( 12:10, 11:8 und 11:9). Gegen Rekordmeister Eric Laubach (Saarland, QTTR 1799) blieb der Bietigheimer im Endspiel, wie erwartet, chancenlos (2:11, 5:11, 6:11), was aber der allgemeinen Hochstimmung bei ihm und seinem Betreuerstab keinen Abbruch tat. Tags zuvor hatte er mit Gottfried Stelter aus Sinsheim schon Bronze im Doppel geholt und so ein erstes Ausrufezeichen gesetzt, nachdem er im Vorjahr noch vorzeitig aus dieser Konkurrenz ausgeschieden war.
Bei den Deutschen Meisterschaften der Aktiven des DBS, die zwei Wochen zuvor in Düsseldorf stattgefunden hatten, errang Freund mit seinem langjährigen Doppelpartner Tobias Thomas Silber im Team-Wettkampf der Startklasse 11 (geistige Behinderung). Im Deutschen Tischtennis-Zentrum – also da, wo sonst Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov trainieren – unterlag das schwäbisch-saarländische Duo im Finale den Top-Favoriten Florian Hartig und Maximilian Kröber aus Bayern und Berlin. Für Freund war auch hier bereits das Erreichen des Endspiels ein großer Erfolg vor dem Hintergrund, dass er sich in dieser Startklasse des DBS regelmäßig mit ausschließlich lernbehinderten oder psychisch beeinträchtigten Athleten messen muss, die rund 30 IQ-Punkte mehr haben und daher in vielerlei Hinsicht im Vorteil sind. Im Einzel musste er den Wettkampf nach dem Einzug in die Endrunde der besten sechs Spieler gesundheitsbedingt abbrechen.
Das Foto zeigt Freund bei der Siegerehrung in Zella-Mehlis. Der Ausnahmeathlet des TTC hofft, im nächsten Jahr an den Weltspielen der Special Olympics in Berlin teilnehmen zu können, nachdem er bei den Nationalen Spielen im Juni ebenfalls in der Bundeshauptstadt sowohl im Einzel als auch im Unified Doppel mit seinem nichtbehinderten Partner Heinrich Schullerer Gold in der stärksten Leistungsklasse gewonnen hatte.